Eine verdiente Auszeichnung

Sonnenkalb und Steinmeier

Am 12.05.2022 wurde eine sehr bekannte und geschätzte Bürgerin der Gemeinde Teutschenthal mit dem Bundesverdienstkreuz Bundesverdienstkreuzausgezeichnet: Dagmar Sonnenkalb, die Leiterin der Bücherei Teutschenthal. Wir gratulieren ganz herzlich zu dieser Auszeichnung und freuen uns, dass Frau Sonnenkalb ihre Dankesrede hier mit uns teilt.

„Sehr geehrter Herr Bundespräsident, sehr geehrter Herr Ministerpräsident, sehr geehrter Oberbürgermeister, liebe Gäste,

es ist mir eine große Ehre, heute diese Auszeichnung annehmen zu dürfen und noch einige Worte an Sie richten zu können.

Als ich die Information zur Ordensverleihung bekam, musste ich dies erst einmal verdrängen. Denn ich hatte keine Zeit – wir standen kurz vor unserem größten Familienfest des Jahres am 1. Mai und das nach zwei Jahren Pandemie und danach sollte meine Familie endlich die Hochzeit unseres Sohnes feiern, welche schon 2 Jahre geplant war. Erst am Montag wurde mir bewusst, was es heißt, so eine hohe Auszeichnung zu erhalten.

Man fängt an, sein Leben und seine Arbeit zu reflektieren. Ich leite seit 36 Jahren die Bücherei in Teutschenthal. Ich wollte nie Bibliothekarin werden, sondern Innenarchitektin. Es sollte aber nichts werden, auch nicht über Umwege und eine Tischlerlehre. Heute bin ich darüber nicht unglücklich, habe ich doch nun einen Beruf, der zur Berufung wurde.

Die Bücherei der Gemeinde Teutschenthal bot mir schnell die Möglichkeiten, durch neue Herausforderungen dennoch meine Interessen auszuleben und andere zu motivieren, mitzumachen. Von Anfang an wollte ich nicht nur Ausleihstelle sein, es sollte ein Treffpunkt werden für alle Generationen.

Schon während meines Studiums, das ein fast 6-jähriges Fernstudium über die Wende hinaus wurde, begann ich die Bücherei umzugestalten. Dabei half mein Mann als Tischler sehr oft mit und auch die Kinder mussten später mit ran. Geld gab es dafür nicht, aber das Okay vom Bürgermeister und mit etwas Kreativität kann man auch einiges ändern, es kostet nur Zeit. Als dann mein Kollege dazu kam, konnten wir gemeinsam, schon 1990, eine Galerie in der Bücherei eröffnen. Mit meinen Ideen, seinem Kunstverständnis als Maler und Grafiker sowie Erfahrungen als Bibliotheksassistent und dem Tischler im Hintergrund schufen wir den Grundstock für eine Bildungs-, Kultur- und Begegnungsstätte.

Als Leiterin einer solchen Einrichtung gibt es nichts Schöneres, als zu sehen, dass die Ideen Früchte tragen und bei den Menschen ankommen.

So z. B. unser Familienfest am 1. Mai – 1990 nur eine Idee: Was machen wir, wenn man nicht mehr demonstrieren geht?

Mit Kaffee und Kuchen, Spielen und Puppentheater begann es und es kamen rund 200 Leute.

Vor etwas mehr als 2 Wochen, wie bereits am Anfang erwähnt, hatten wir unser 31. Büchereifest, zwar nun im Kultur- und Gemeindezentrum auf dem Schafberg, aber immer noch organisiert von dem kleinen Team der Bücherei – aber statt 200 kommen heute weit mehr als 2000 Menschen zum größten Familienfest der Kommune.

Ein Novum in der Bibliothekslandschaft ist sicher nach einem Umbau und Erweiterung durch die Gemeinde Teutschenthal im neuen Domizil, dass das kleine Team, nun bestehend aus drei Personen, die Einrichtung der Bücherei selbst übernahm, unterstützt von Familie und Freunden sowie aktiven Vereinsmitgliedern. Daher hat diese Bücherei ihren einmaligen Charakter, ihren Charme, was die Besucher häufig bewundern und uns sehr freut. Wir bauen nicht nur. Auch die Digitalisierung haben wir nicht außer Acht gelassen und stetig neue Konzepte entwickelt.

Unser Hauptaugenmerk liegt in der Leseförderung. Zu viele Kinder erlangen heute keine oder mangelhafte Lesekompetenz, erfassen also nicht, was sie gelesen haben. Die Gründe dafür sind vielseitig: Ablenkung durch Handy usw., keine Förderung von zu Hause, Lehrermangel u. v. m. Chancengleichheit in der Gesellschafft ist für sie natürlich viel geringer. Deshalb entstand im Laufe der Jahre eine enge Zusammenarbeit mit allen Schulen, Hort, Kindergärten, anderen sozialen Einrichtungen und Vereinen. Nur in solch einem Netzwerk kann es gelingen, barrierefrei zu arbeiten und auch an Kinder und Schüler aus bildungsfernen Familien zu gelangen.

Langjährige und sehr zeitintensive Projekte wie „Bibfit“ für alle Vorschulkinder aller Ortsteile der Einheitsgemeinde, „Antolin“ mit Schul-AG für 3 Grundschulen, aber auch Lesekrone, Lesesommer sowie unsere „Hotel Fantasia“-Lesenächte, vor allem für Sekundar- und Gymnasialschüler, können hier die alltäglich stattfindende Buchempfehlung für Kinder und Eltern wesentlich erweitern.

Doch nicht nur Schüler finden ein reiches Angebot, auch unsere Senioren haben im Lesecafé einen monatlichen Treffpunkt – das Literaturcafé mit Kaffee und Kuchen und einem Kulturprogramm. Am Ende des Jahres gibt es dann für rund 170 Senioren eine Weihnachtsfeier im großen Saal. Autorenlesungen, Vorträge, Dia-Shows, kleine Konzerte und vor allem unsere Ausstellungseröffnungen ziehen nochmal ein anderes Publikum an. Der Stammtisch für Geschichtsinteressierte gehört seit Neuestem auch zum Programm der Bücherei.

Sie alle tragen nicht unwesentlich zum gesellschaftlichen Zusammenhalt bei, in Teutschenthal, aber auch weit über die Grenzen des Ortes hinaus.

So z. B. die „Lange Nacht der Poesie“ – Kleinkunst vom Feinsten. Nicht sofort, aber mit unermüdlicher Werbung unsererseits und mit viel Liebe in der Vorbereitung dieser Veranstaltung, hat sich diese besondere Nacht in Teutschenthal etabliert und Künstler aus Ost und West bekannt gemacht und zusammengebracht. Und das auf dem Dorf!

Das Klingt alles so einfach, ist es aber nicht: Kontinuität, Flexibilität, Vertrauen in unsere Arbeit, ein Superteam, das immer mitzieht, auch wenn es viele zusätzliche, unbezahlte Stunden kostet.

Allerdings reicht dies heute nicht mehr aus, um die 260 Veranstaltungen im Jahr durchzuführen. Unterstützt wird die Bücherei Teutschenthal daher durch viele aktive Mitglieder unseres Fördervereins und natürlich braucht man die Familie, die akzeptiert, dass man selten zu Hause ist, vielleicht sogar bei Lesenächten gleich auf Arbeit schläft.

Die Pandemiezeiten haben uns viele neue Ideen abverlangt, so unsere Überraschungspakete für Familien, Medienpakete nach E-Mail-Anforderung oder Ausstellungen und Leseprojekte in digitaler Form. Kontakt halten zu den Bildungspartnern, auch dies immer in enger Zusammenarbeit mit dem Förderverein. Diese schwierigen Zeiten haben deutlich werden lassen, neben Schulen und Kindergärten, wie wichtig Bibliotheken sind. Dies spiegelte sich in der Dankbarkeit vieler Nutzer wieder.

Und nicht zuletzt braucht eine Bücherei ihre Kommune, die sie finanziert und nicht einschränkt in ihrer Arbeit, trotz freiwilliger Leistung, und zu ihrer Einrichtung steht. Das ist in Teutschenthal schon lange gegeben und keine Selbstverständlichkeit. Ich habe fünf Bürgermeister erlebt, sie alle haben uns unterstützt, aber es wird immer schwieriger.

Sehr geehrter Herr Bundespräsident, sehr geehrter Herr Ministerpräsident, sehr geehrter Oberbürgermeister, meine sehr verehrten Damen und Herren,

Sonnenkalb und Steinmeierwer auch immer mich für diesen Orden vorgeschlagen hat, ich freue mich sehr darüber und nehme ihn stellvertretend für mein Team und alle freiwilligen Helfer mit nach Teutschenthal.

Ihnen wünsche ich viel Kraft für die großen Herausforderungen unserer Zeit, wünsche uns allen, wie die meisten Menschen, Frieden und eine intakte Umwelt für unsere Kinder und Enkelkinder. Wie weit wir davon entfernt sind, ist uns allen klar. Und dennoch brauchen wir auch ein offenes Ohr unserer Regierung für die freiwilligen Leistungen unserer Kommunen…

Denn ohne diese würde es düster aussehen in unserem Land.

 

Hiermit möchte ich mich für die vielen Glückwünsche anlässlich meiner Ehrung bedanken.

Die Bücherei der Gemeinde Teutschenthal wird auch weiterhin ihr Bestes geben.

Ihre Frau Sonnenkalb

mit ihrem Bücherei-Team

Sonnenkalb und Büchereiteam

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert