Die besondere Predigt

Evangelische Kirche Steuden

Manchmal kommt es vor, dass ich nach der Predigt im Gottesdienst denke: Wie schade, dass diese Worte nur so wenige Menschen erreicht haben. So kam es, dass ich Pfarrer Werner gefragt habe, ob er bereit wäre, mir den Text seiner Predigt (wenn sie bei mir den „Schade-Effekt“ auslöst) für den SB zu überlassen. Er bejahte das, und war so nett, für uns aus den Stichpunkten, die er meist nur braucht, wieder einen zusammenhängenden Text zu machen. Diesmal ging es um das Evangelium nach Lukas 10, Vers 38-42:

„Sie zogen zusammen weiter, und er (Jesus) kam in ein Dorf. Eine Frau namens Marta nahm ihn freundlich auf. Sie hatte eine Schwester, die Maria hieß. Maria setzte sich dem Herrn zu Füßen und hörte seinen Worten zu. Marta aber war ganz davon in Anspruch genommen, für ihn zu sorgen. Sie kam zu ihm und sagte: Herr, kümmert es dich nicht, dass meine Schwester die ganze Arbeit mir allein überlässt? Sag ihr doch, sie soll mir helfen! Der Herr antwortete: Marta, Marta, du machst dir viele Sorgen und Mühen. Aber nur eines ist notwendig. Maria hat das Bessere gewählt, das soll ihr nicht genommen werden.“

Hildegard Hayessen

Predigt

Liebe Gemeinde,

Beim Besuch Jesu bei seinen Freunden Marta und Maria könnte man sich fragen: Mit welcher Person könnte ich mich mehr identifizieren? Mit Marta, der guten Hausfrau und Gastgeberin, einer Frau der Tat, die anpackt, wo es nötig ist? Oder doch eher mit Maria, der Frau des Geistes, die sitzen bleibt und intensiv den Worten Jesu lauscht? Die meisten von uns werden sich wohl auf die Seite der Marta stellen, denn es ist ja nötig, die Dinge anzupacken, die dran sind. Langes Reden oder Meditieren hilft da meist nicht. Dann klingt der Kommentar, den Jesus gibt, eigentlich sehr weltfremd: Maria aber hat das Bessere erwählt!

Ich glaube, an dieser Stelle lohnt es sich inne zu halten und einmal genau hin zu schauen, was Jesus da lobt und was er kritisiert. Jesus selbst war nicht nur der fromme Mann des Geistes. Er war auch, wenn es nötig war, ein Mann der Tat, der Dinge anpackte; denken wir nur an die sogenannte Tempelreinigung, wo ein gerechter Zorn ihn überkam, und er die Händler aus dem Tempel treiben wollte. Und beim Abendmahl wird er selber aufstehen und den Jüngern die Füße waschen!

Auf den Vorwurf Martas, „Kümmert es dich nicht, dass Maria mir die ganze Arbeit überlässt?“ antwortet Jesus: „Maria, du machst Dir viele Sorgen!“ Es geht Jesus wohl nicht darum, wer von beiden nun das Essen kocht. Es geht ihm um die Einstellung zum Leben überhaupt. Marta wird als die Frau bezeichnet, die sich viele Sorgen macht. Können Sorgen einen Menschen nicht förmlich auffressen und kaputt machen? Welche Sorgen treiben mich heute um? Wenn man noch etwas tun kann, scheint es noch Auswege zu geben. Wenn sich aber keine Auswege mehr zeigen, was dann? Dann kann man von den Sorgen erdrückt werden. Jesus aber sagt: „Nur Eines ist notwendig! Maria hat den guten Teil gewählt, der soll ihr nicht genommen werden!“ Maria war sicherlich nicht die Faulenzerin im Haushalt, die sich nur von der Schwester bedienen lässt. Jesus beschreibt das als „die Notwendende“ und gute Art, die Lebensart des Vertrauens. Ihre Sorgen, auch um den Gast, kann sie zurückstellen, weil sie Jesus begegnen will. Diese Begegnung und ihr Vertrauen lassen dann wohl die Sorgen, die sie sicherlich auch hat, in einem neuen Licht erscheinen.

In der Klosterkirche in Mühlberg sind rechts und links neben dem Christusfenster in der Altarapsis Marta und Maria im Fenster dargestellt, Marta mit Topf und Gießkanne, Maria mit leeren Händen.

Haben wir den Mut, jeden Tag einmal, und wenn nur für wenige Minuten, die Sachen aus der Hand zu legen, um zu Füßen Jesu zu sitzen, auch ohne viele Worte und vorgeformte Gebete. So werden wir die Lebensart des Vertrauens zu ihm mehr und mehr lernen, die Jesus als das Not-Wendende und Gute bezeichnet.                                  

Amen.

Pfarrer Heinz Werner

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert