Die besondere Predigt

Psalm

„Mein Hirt ist Gott der Herr. Er will mich immer weiden.

Darum ich nimmer mehr mag Not und Mangel leiden.

Er wird auf grüner Au` so, wie ich ihm vertrau

mir Rast und Nahrung geben und wird mich immerdar

an Wassern still und klar, erfrischen und beleben.“

Viele von Ihnen werden dieses Lied sehr gut kennen. Auch ich habe es unzählige Male gesungen. Besonders in den letzten Jahren, wenn ich am Bett eines Sterbenden saß, habe ich es oft gesungen.

JesusEs ist schon erstaunlich, wie das Bild vom guten Hirten über die Jahrhunderte hinweg das Herz der Menschen berührt. Schon im 3. Jahrhundert hatte es einen Spitzenplatz unter den Christen. Noch lange bevor das Kreuz zum Zeichen des Christentums wurde, war es das Hirtenmotiv. Für mich eines der sprechendsten und schönsten Bilder unserer Bibel für Gottes Zuwendung zu seinem Volk.

In meinen Kindertagen gab es in Stedten noch einen Schafstall und ich habe das Bild von Hirten inmitten ihrer Schafherde noch gut vor Augen. Rund um das Dorf verteilt gab es verschiedene Weiden. Ich bin oft stehen geblieben und habe zugeschaut. Schafe und Hirten aufeinander eingespielt und aufeinander angewiesen. Herde und Hirt sind miteinander vertraut, es war selten hektisch. Irgendwie strahlte diese Schafherde eine unwahrscheinliche Ruhe aus. So ein bisschen Idylle pur, jedenfalls in meiner Erinnerung.

Das Bild vom guten Hirten ist auch immer in Gefahr allzu kitschig zu wirken.

Und ist es nicht viel mehr unsere Lebenserfahrung, dass unser Leben voller Ängste und Sorgen ist, gerade jetzt, wo so viele Menschen Angst davor haben krank zu werden, ihren Arbeitsplatz und ihre Existenz zu verlieren? Eltern machen sich Sorgen um ihre Kinder und Enkelkinder. Beunruhigen kann uns auch der Zustand der Welt, in der die Umwelt immer mehr vergiftet und wo Gewalt und Kriege kein Ende finden. Wir müssen nur den Fernseher einschalten und schon wird uns alles, was uns Angst und bange werden lässt, frei Haus geliefert. All das zeigt, dass wir unser Leben keinesfalls immer im Griff haben. Wir leben in Unsicherheit. Wir sind Kräften ausgeliefert, die wir nicht unter Kontrolle haben. Das ist nicht zu ändern.

Aber wie gehen wir damit um?

KerzeWir können uns einem Größeren anvertrauen. Einem, der unendlich gut ist und es unendlich gut mit uns meint. Dies meint Jesus, wenn er sich selbst den Hirten nennt, der seine Schafe nicht zu Grunde gehen lässt. Der uns zuruft: „Ich bin dein guter Hirte! Mit meinem ganzen Sein bin ich für dich da. Meine Stimme gilt dir. Ich rufe dich bei deinem Namen.“

Auch, wenn es scheinbar nicht mehr ganz in unsere Zeit passt, steckt doch sehr viel Trost in diesem Bild vom guten Hirten, der sich mit ganzer Kraft, ja mit seinem Leben für seine Herde einsetzt. Und mit LEBEN ist an dieser Stelle nicht nur das physische Leben gemeint, sondern es bedeutet auch, da ist Jemand ganz und gar mit seinem ganzen Sein bei der Sache. Wir würden heute vielleicht sagen: leidenschaftlich engagiert.

Menschen erfahren Halt in ihrem Leben, wenn sie sich diesem Hirten anvertrauen. Sie entwickeln eine innere Kraft und Gelassenheit, die sie zuversichtlich werden lässt. Nicht umsonst ist der Psalm 23 für viele Menschen der schönste Psalm überhaupt.*

Sorgen und Ängste kann man nicht vermeiden, aber es tut gut, einen Halt im Leben zu haben, auf den man sich immer verlassen kann.

Und noch etwas kann uns das Bild vom guten Hirten sagen: Jesus geht zwar auch einem einzelnen Schaf nach, aber er hütet eine Herde. Wir sind nicht allein, sondern als Teil einer Gemeinschaft unterwegs. Gerade in diesen Tagen, in denen wir so häufig Vereinzelung erleben, ist es wichtig, dass wir uns immer wieder daran erinnern. Wir gehören zusammen.

Passen wir gut aufeinander auf und setzen wir uns mit der Leidenschaft unseres Hirten füreinander ein.

Ihre Claudia Näther

Psalm

*Psalm 23 ist ein Gebetstext aus der hl. Schrift (Bibel): Der Herr ist mein Hirte, nichts wird mir fehlen. Er lässt mich lagern auf grünen Auen und führt mich zum Ruheplatz am Wasser. Er stillt mein Verlangen; er leitet mich auf rechten Pfaden, treu seinem Namen.

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