Jedes Jahr zur Weihnachtszeit freue ich mich schon darauf, mit dem Auto wieder nach Hause zu kommen und von weitem den Kirchturm Sankt Trinitatis unseres Ortes Steuden zusehen. Der Grund dafür ist dieses magische Leuchten eines Weihnachtssternes im Kirchturm, der weithin über die winterlichen Felder zu sehen ist. Dann fragen sich sicher viele, was es mit diesem Stern auf sich hat. Und das ist ein Thema, mit dem sich auch die Astronomen beschäftigt haben, zu denen ich mich zähle.
Wie wir alle wissen, liegt der Ursprung für diesen Stern in der biblischen Geschichte. Zur Geburt Christi, die bekanntlich mit dem Beginn der Zeitrechnung zu tun hat, wurden die drei heiligen Könige aus dem Morgenland (Caspar, Melchior und Balthasar) dreimal von einem Stern im Sternbild Fische darauf aufmerksam gemacht, dass die Geburt eines großen Königs bevorstand. Nun muss erwähnt werden, dass sich die biblische Geschichte westlich des Morgenlandes im Gebiet des heutigen Jerusalems abgespielt hat. Die Begriffe Abend- und Morgenland beziehen sich hier auf den Auf- und Untergangspunkt der Sonne am Horizont. Und so lag der Orient mit dem damaligen Wissenschaftszentrum Babylon in Bezug auf Jerusalem im Osten, also im Morgenland, wo die Sonne aufgeht, in ca. 800 km Entfernung. Wir in Europa liegen demzufolge von Jerusalem aus im Westen, also im Abendland.
Was konnte die drei heiligen Könige, die sich als sehr kundige Sternbeobachter entpuppen, bewegt haben, so weit nach Jerusalem zu wandern? Damals gab es bekanntlich nur Wüsten- und Wasserschiffe oder man ging zu Fuß. Und da war man schon gut acht Wochen für diese Strecke unterwegs. Also, was war es dann?
Schenken wir der Darstellung glauben, die auf vielen Karten und Schwibbögen auf dem Weihnachtsmarkt enthalten ist, muss es ein Schweifstern gewesen sein. Gemeint ist damit ein Komet, ein schmutziger Schneeball, der selten in unser Sonnensystem einfällt und dann auf seiner Bahn um die Sonne einen prächtigen Schweif hinterlässt. Wie aber die Wissenschaft inzwischen ermittelt hat, ist in dieser Zeit kein Auftreten eines der heute bekannten Kometen nachweisbar. Hinzu kommt, dass Kometen schon immer als Unheilsboten gedeutet wurden und nicht mit einem so glanzvollen Ereignis wie der Geburt eines Königs in Verbindung gebracht wurden.
Die Kometentheorie ist außerdem dem Zufall zu verdanken, dass der italienische Maler Giotto di Bordone (1266-1337) im Jahre 1304 bei der Herstellung seines Gemäldes von der Krippe mit dem Jesuskind vom Anblick des Halley’schen Kometen am Himmel so beeindruckt war, dass er ihn als erster verwendet hat und seitdem immer wieder kopiert wurde. Das war es also nicht.
Waren es vielleicht Ereignisse wie Sternschnuppen oder eine Sonnenfinsternis? Nein, sie sind nur kurz und das Auftreten von Sonnenfinsternissen war für unsere Vorfahren ebenfalls etwas Unheimliches. Auch das beeindruckende Aufleuchten einer Supernova, das Endstadium eines sehr massiven Sterns, konnte für diesen Zeitraum nicht nachgewiesen werden. Was war es dann?
Wie es der Zufall wollte, beschäftigte sich der deutsche Astronom Johannes Kepler um das Jahr 1609 mit einem sehr interessanten Himmelsereignis. Er beobachtete, wie sich die zwei Riesenplaneten, der Jupiter und der Saturn, am Himmel scheinbar so stark annäherten, dass man ein sehr helles Objekt vermutete, welches sogar am Tageshimmel zu beobachten gewesen sein soll. Eine solche Konjunktion, wie man das Zusammentreffen beider Himmelskörper nennt, ist sehr selten und auf die Rückläufigkeit der Planeten bei ihrer scheinbaren Schleifenbahn am Himmel zurückzuführen.
Kepler, der damals gerade seine Gesetze zur Berechnung der Planetenbahnen aufgestellt hatte, nutzte eben diese und rechnete bis zur Geburt Christi zurück. Und er kam zu dem verblüffenden Ergebnis, dass im Jahre 7 vor Christi sogar eine Dreifach-Konjunktion der beiden Planeten zu beobachten war, was für die Beobachtung der Konstellation durch die drei Sterndeuter aus Babylon spricht.
Nun werden sich viele fragen, warum der Beginn der Zeitrechnung sieben Jahre vor dem Jahr 0 liegt, wenn man Keplers Feststellung Glauben schenkt und wir trotzdem im Jahre 2018 leben? Man muss wissen, dass die Geschichte der Kalenderschreibung einigen Fehlern unterliegt. So wurde der heutige bei uns gültige Kalender erst 525 Jahre nach der Geburt Christi von einem römischen Kaiser in Auftrag gegeben und der Beginn erstmals auf die Geburt Christi festgelegt. Dabei hat der beauftragte Mönch Dionysius Exiguus unter anderem das Jahr Null vergessen, da die Null als neutrales Rechenzeichen erst später in Europa eingeführt wurde. Weiterhin verschwieg er vier Jahre in der Herrschaftszeit des Kaiser Augustus, in der dieser als Octavian geherrscht haben soll. Und so nähern wir uns langsam dem Zeitpunkt, der für die Geburt Christi am ehesten in Frage kommt, dem Jahre 7 v. Chr. Dies wirft für das heutige Kalenderdatum Fragen auf, die uns erst im Nachhinein bewusst werden und auf die hier nicht näher eingegangen werden soll.
Was haben die drei Weisen aus dem Morgenland nun gesehen?
Im Mai des Jahres 7 v. Chr. erschienen ihnen am Abendhimmel im noch heute als heilig bekannten Sternbild Fische die beiden Planeten Jupiter und Saturn, die damals auch als Königsplaneten bekannt waren, zum ersten Mal. Da die Weisen sehr gläubig waren und dieses Leuchten als ein Zeichen für die Geburt eines neuen Königs deuteten, planten sie eine Reise ins heilige Jerusalem. Im Oktober erschien der helle Schein ein zweites Mal und sie machten sich auf den 800 km langen Weg durch die Wüste. Sie kamen ca. acht Wochen später dort an und wurden von König Herodes empfangen, der sich sehr erschreckte, weil seine Wissenschaftler das Leuchten nicht erkannt hatten. Er sah seinen Thron gefährdet. Was das für die neugeborenen Jungen der Gegend zur Folge hatte, ist bekannt aber nicht belegt. Herodes schickte die Weisen weiter und sie folgten dem Planetenlicht, welches ein letztes Mal, nun aber in südlicher Richtung am Abend über der Gegend erschien, wo Bethlehem lag. Dort fanden sie der Legende zu Folge das Jesuskind in der Krippe im Stall bei Maria und Josef.
Somit war das Aufeinandertreffen der Planeten Jupiter und Saturn mit großer Wahrscheinlichkeit der damals beobachtete Stern von Bethlehem.
Leider sind beide Planeten zurzeit nicht am Nachthimmel zu sehen, da sie in der Nähe der Sonne stehen und vom Tageslicht überstrahlt werden. Saturn kann in den frühen Abendstunden im November nur noch in südwestlicher Richtung am Horizont beobachtet werden, bevor er dann im Dezember auch vom Abendhimmel verschwindet. Aber erfreuen wir uns doch vorübergehend ersatzweise am Leuchten des Adventssterns in unserer Kirche, wenn wir in der Weihnachtszeit einen Bummel durch den Ort machen.
Ich wünsche Ihnen allen ein schönes Weihnachtsfest und dass Ihnen auch in Zukunft die Sterne gewogen sind.
Ihr Holger Verch
Quelle: Wikipedia.de