Von präziser Unschärfe, Funktionalität und Transparenz

Am 24.09.2023 luden der Oeku und Familie Tantz zur Vereinsfahrt nach Dessau ein. Es versprach ein toller Ausflug zu werden, doch um ein Haar wäre daraus nichts geworden. Denn der Bus, der uns vom Dorfanger in Steuden abholen und nach Dessau bringen sollte, wartete stattdessen in Etzdorf. Ein kleines Missverständnis, das schwerwiegende Konsequenzen gehabt hätte. Es ist allein unserem Frank Friedling zu verdanken, dass der Ausflug doch noch stattfinden konnte. Er hat den etwas verloren wirkenden Busfahrer angesprochen und das Geheimnis um die fehlenden Passagiere aufgeklärt. So konnte es mit heiterer Stimmung auf nach Dessau gehen.

Dort erwartete uns zunächst eine sehr interessante Führung entlang und durch einige der Meisterhäuser und die Trinkhalle. Diese wurden nach den 1930er Jahren zum Großteil stark baulich verändert und während des zweiten Weltkriegs beschädigt oder zerstört. Seit 2014 jedoch erstrahlt die Ebertallee mit den Meisterhäusern im neuen Glanz. Nach dem Prinzip der „präzisen Unschärfe“ wurden die Häuser von Gropius und Moholy-Nagy wieder erbaut. Man entschied sich bewusst gegen einen originalgetreuen Wiederaufbau der historischen Gebäude, sondern interpretierte die Ideen und Konzepte der Bauhaus-Meister neu: Funktionalität, rationale Bauweise, Licht und Schatten, aber auch der gezielte Einsatz von Farben prägen die Bauhaus-Architektur und machen sie so markant. In den Häusern von Kandinsky und Klee wurde uns jedoch deutlich vor Augen geführt, dass es im Inneren bei Weitem nicht so uniform und funktional zuging, wie das Äußere der Gebäude vielleicht vermuten lässt. Auch wenn die Räume unmöbliert waren, wurden zumindest die Wandfarben originalgetreu nachgestaltet, sodass uns ein ganzes Farbspektrum bis hin zu goldenen Akzenten überraschte.

Nach einem Spaziergang durch Dessau, vorbei an weiteren Meilensteinen der Bauhaus-Geschichte und einem fantastischen Mittagessen im Teehäuschen trafen wir unsere Gästeführerin im Bauhaus Museum wieder. Das Museum wurde ebenfalls nach den Leitlinien der Bauhaus-Künstler*innen gestaltet. Mithilfe der Glasfassaden wurden ganz im Geiste dieser Transparenz und Weitläufigkeit geschaffen. Im Obergeschoss befindet sich die sogenannte Blackbox, die ca. 50.000 Exponate, einschließlich originaler Möbelstücke, Schriftstücke und Muster, umfasst. Bei dem einem oder anderen Stuhl oder Schränkchen fragten wir uns alle, ob vielleicht doch noch ungeahnte Schätze auf unserem Dachboden schlummern oder bereits der Entsorgung zum Opfer gefallen sind. Vielleicht lohnt es sich gelegentlich doch, den alten „Plunder“ durch ein kundiges Auge beurteilen zu lassen… wer weiß…

Müde, aber um einiges an Eindrücken und Erfahrungen reicher ging es dann auf den Heimweg. Es war ein rundum gelungener Tag. Vielen Dank an Familie Tantz und den Oeku, dass sie uns jedes Jahr aufs Neue zu diesen spannenden Kulturreisen einladen.

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