…mit drei ukrainischen Frauen.
Zur Erklärung: Gleich zu Beginn des unseligen Einmarsches der russischen Truppen in die Ukraine war es uns möglich, unserem sehr geschätzten Kolya eine dringende Bitte zu erfüllen. Unser Sohn Jürgen holte gemeinsam mit ihm und dank der Unterstützung von Herzensangelegenheiten e. V. (www.herzensangelegenheitev.de), welche ihren Kleinbus für die lange Fahrt zur Verfügung stellten, Kolyas Tochter, Schwiegertochter und eine Nichte mitsamt vier Kindern an der polnisch-ukrainischen Grenze ab. Sie leben nun seit dem 27. Februar 2022 bei uns auf dem Gut in Etzdorf. Die Verständigung ist nicht ganz einfach, da sie alle weder Deutsch noch Englisch sprechen, aber zum Glück haben wir Gavha (sie hatte im letzten SB schon über Ihr Au-pair-Jahr geschrieben), die sich recht gut in Russisch mit ihnen verständigen konnte. Das Interview fand im Garten/Park statt, während die Kinder sich mit Sand, Klettergerüst und Trampolin beschäftigten.
Hildegard Hayessen (H. H.): Danke, dass ihr mir dieses Interview zugesagt habt. Danke auch dir, liebe Gavha, für das Dolmetschen. Vielleicht könnt ihr euch erst einmal vorstellen.
Ich bin Yaroslava, bin 27 Jahre alt, bin verheiratet und habe eine Tochter, Viktoria, sie ist 6 Jahre alt und geht in die erste Klasse. Ich habe Pharmazie studiert, arbeite aber seitdem ich das Kind habe nicht in meinem Beruf. Wir wohnen in Winnyzja; das ist eine größere Stadt in der Nähe von Moldawien. Meine Eltern wohnen in einer anderen Stadt.
Iryna (genannt Ira), sie ist leider noch nicht zum Interview bereit, weil ihr kleiner Sohn zum Mittagschlaf bewegt werden muss. So stellt Svitlana uns ihre Schwägerin vor:
Svitlana: Ira ist 32 Jahre alt. Sie ist verheiratet und hat 2 Kinder im Alter von 2 und 10 Jahren (Yehor und Hlieb). Der Große, Hlieb, geht in die 4. Klasse. Zusammen mit ihrem Mann führt sie drei kleine Friseursalons. Sie macht die Buchhaltung und er übt den Beruf als Friseur aus. Sie leben in der Kleinstadt Beresdiw.
Und zu mir, ich bin Svitlana, bin 28 Jahre alt, ich bin auch verheiratet und habe eine dreijährige Tochter (Anjuta). Unser Zuhause ist in Uman. Ich habe ein Diplom in Wirtschaftswesen und in Pädagogik. Ich habe bis zur Geburt meiner Tochter mit kleinen Kindern gearbeitet, danach noch nicht wieder.
- H.: Eure Männer sind in der Ukraine zurückgeblieben. Habt ihr täglich Kontakt? Wie geht es Ihnen dort?
Yaroslava: Ja, wir telefonieren jeden Tag. Noch ist alles gut bei Ihnen. Dort, wo sie sind, ist kein Kriegsgebiet, jedenfalls noch nicht. Sie helfen Hilfsbedürftigen, z. B. älteren Menschen, die ihr Haus nicht verlassen können und so etwas. Da der Krieg hauptsächlich in größeren Städten ist, ist es bei uns noch ruhig.
Svitlana: Unser zu Hause ist noch O.K.
- H.: Eure Kinder sind teilweise schon schulpflichtig. Unterrichtet ihr sie nun selbst?
Yaroslava: Nein, es ist jetzt wieder so, wie es schon bei Corona war. Die Schulkinder werden online unterrichtet. Die Schule schickt Unterrichtsmaterial für die Kinder. Das funktioniert aber nur dort, wo gerade kein Krieg ist.
Nach dem Lockdown hatten wir wieder normalen Unterricht und nun ist leider Schluss damit wegen des Krieges.
- H.: Bemerkenswert, dass das zumindest teilweise funktioniert.
Was ist eure Hoffnung?
Svitlana: Wir hoffen, der Krieg dauert nicht so lange. Wir möchten schnell wieder in unsere Wohnungen zurückkehren und bei unseren Männern sein!
- H.: Das ist nur zu verständlich. Habt Ihr Freunde oder Bekannte, die im Kriegsgebiet leben?
Svitlana: Ich habe eine Freundin in Kiew. Sie war hochschwanger und musste ihr Baby in einem Keller zur Welt bringen.
Yaroslava: Ich habe Freunde in der Stadt Charkiw. Dort ist es sehr schlimm. Die Menschen wollen in andere ruhige Städte, aber es ist so schwierig, weil kein Verkehr dorthin möglich ist.
- H.: Was ist in dieser Situation eure größte Sorge?
Svitlana: Ich habe, wie wir alle hier, Angst, dass ich meine Eltern, meinen Mann und meine Freunde vielleicht nicht wiedersehe und dass unser Zuhause zerstört wird. Wir wissen nicht, wie es weitergeht. Wir können nur hoffen, dass dieser Krieg bald ein Ende hat.
Yaroslava: Putin hat behauptet, nur strategische Ziele anzugreifen, aber er lässt Wohnungen, Krankenhäuser, und sogar Schulen bombardieren und viele Zivilisten sterben. Vor dem Krieg war alles gut. Naja, es gab den „Kleinen Krieg“ schon seit 8 Jahren um den Donbas. Aber die meisten Menschen dort wollen nicht zu Russland gehören.
- H.: Das ist alles sehr schlimm und sehr traurig. Man fühlt sich so machtlos gegenüber diesem wütenden Krieg. Wir sind deshalb froh, nach unseren Möglichkeiten ein bisschen helfen zu können, wie es – Gott sei Dank – ganz viele Menschen derzeit in den Nachbarländern der Ukraine auch tun. Wer möchte noch ein Schlusswort sagen?
Svitlana: Wir warten und hoffen.
H.H.: Ich danke euch für das Interview.
P.S.: Ira hat es nicht geschafft, dazu zu kommen. Vielleicht ist sie zusammen mit ihrem kleinen Sohn eingeschlafen.
Das Interview ist nun schon mehrere Wochen her. Die Lage in der Ukraine wechselt ständig, nur leider nicht zum Besseren. Ich hoffe und bete, dass „unsere Ukrainerinnen“ nicht zu Witwen und ihre Kinder nicht zu Waisen werden, und nicht nur diese.